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Immobilienprodukt Rechenzentrum - Ein wachsender Markt aber kaum beachtetes Immobilieninvestment?

Von Sebastian Kuhn und Roland Wollnik, CORPUS SIREO Real Estate


Sie ist ein wichtiger Bestandteil der Digitalisierung, viele Unternehmen und Privatpersonen nutzen sie mittlerweile: die Cloud. Doch was für den Endkonsumenten nicht physisch greifbar ist, da die Daten quasi aus der Wolke auf Smartphone, Tablet und PC zu schweben scheinen, ist irdisch in riesigen Rechenzentren gespeichert. Dabei wird der Markt für Cloud Produkte seitens der großen Player als starker Wachstumsmarkt mit zweistelligen Umsatzwachstumsraten (30-40%)[1] eingestuft. Fazit: Steigen wird der Bedarf an Rechenzentrumskapazität.[2] Die Investitionen in Rechenzentren in Westeuropa sollen sich alleine im Jahr 2016 auf 52 Milliarden US Dollar belaufen (laut DatacenterDynamics).[3] Welche Chance bietet sich also für die Immobilienbranche an dem Wachstum zu partizipieren?

 

Ein normales Immobilienprodukt im herkömmlichen Sinne stellen Rechenzentren sicherlich nicht dar, gelten doch ganz eigene Anforderungen an Lage und Gebäudequalität.

 

Zu den Lagefaktoren eines Rechenzentrums zählen letztlich die Anforderungen der Kunden. Diese sind bspw. eine leistungsstarke Anbindung an den nächsten Internetknoten, ein niedriger Strompreis oder die Datenschutzgesetze eines Landes. So gilt der Internetknoten DE-CIX in Frankfurt als weltweit größter kommerzieller Internetknoten, weshalb Frankfurt in Deutschland als HotSpot anzusehen ist. Bei den Stromkosten lockt Schweden mit Preisen von 6 Cent/ kWh die Investoren. Möglich ist dies durch eine verfügbare Wasserkraft. Deutschland ist mit 15 Cent/ kWH 250% teurer.[4] So hat Facebook im Jahr 2015 das größte Rechenzentrum Europas mit 27.000 m² im schwedischen Luleå eröffnet, es wird zu 100% aus regenerativer Wasserenergie betrieben.[5] Hinsichtlich Datenschutz führen weltweit laut Intralinks die EU mit ihrer Direktive zum Datenschutz. Innerhalb  der EU sind Länder wie Deutschland, Großbritannien oder die Niederlande vorn.[6]


Damit wird die Lagequalität und somit die Wettbewerbsfähigkeit eines Rechenzentrums weniger vom Immobilienmarkt als viel mehr von infrastrukturellen und regulatorischen Rahmenbedingungen bestimmt. Gerade beim Neubau beeinflussen zudem staatliche Fördermaßnahmen in strukturschwachen Gebieten die Wahl des Standorts. Eines der größten deutschen Rechenzentren in Magdeburg/ Biere wurde mit 8,5 Mio. € durch das Land SachsenAnhalt gefördert.[7]


Erschwerend kommt bei der Immobilienbewertung die Trennung zwischen Gebäudehülle und rechenzentrumsspezifischen Einbauten hinzu. Diese übersteigen in der Regel die Gebäudekosten. So belaufen sich in der Regel die Kosten für Grundstück und Gebäudehülle auf ein Drittel der Gesamtinvestitionskosten. Der Rest fließt in den technischen Ausbau wie Kühlung, Stromversorgung, Sicherheit und Datenverarbeitung. Laut Global Switch betragen die Investitions- und Baukosten € 3.000 – 30.000 je m² Rechenzentrumsfläche.[8]

 

Wie sieht es mit der Investmentfähigkeit aus?
Die Nachfrage seitens der Tech-Größen nach Rechenzentren steigt. Ob sich ein Unternehmen für ein Eigentum- oder Mietmodell entscheidet hängt sicherlich stark von der geforderten Flexibilität hinsichtlich Fläche und Laufzeit, als auch von der aktuellen Finanzsituation des Unternehmens ab. Hinzu kommt der exklusive Zugang zum Rechenzentrum und die Vermeidung der Abhängigkeit von Dritten. Gerade bei den großen IT-Unternehmen sind Rechenzentren eher Kernkompetenz und sollen besonders geschützt werden. So investieren auf der einen Seite die großen Marktplayer wie Apple, Google, Facebook & Co Milliardensummen in den Bau eigener Rechenzentren. Sie haben hohe eigene Auslastungsraten und hohe Cash Reserven. Allein Apple investiert 1,7 Mrd. Euro in zwei Rechenzentren in Irland und Dänemark.[9]


Auf der anderen Seite hält der größte Data Center REIT „Digital Reality“ ein Portfolio von 130 Rechenzentren weltweit (Marktkapitalisierung 14,5 Mrd. €)[10]. Privaten Anlegern wird damit ein Zugang zum Markt geboten. Aufgrund der hohen Spezifität der Asset Klasse und fehlender Transaktionen, sind belastbare Benchmarks zu Renditekennziffern kaum zu finden. Sofern der Investor lediglich die Gebäudehülle bereitstellt und alle rechenzentrumsspezifischen Einbauten vom Mieter vorgenommen werden, kann eine Eingruppierung in die Asset Klasse der Industrie-/ oder Produktionsimmobilie vorgenommen werden. Die üblichen Renditen bewegen sich hier zwischen 6 - 10 Prozent; attraktive Werte, sofern die Mietvertragslaufzeit lang ist.


Doch auch die Kunden der Rechenzentrumsbetreiber fordern Mietvertragslaufzeiten von 10 Jahren und mehr, haben sie sich einmal für einen Standort entschieden. Somit soll das Nutzungsrecht und die getätigten Investitionen in die Rechenzentren geschützt werden. Schließlich ist ein Auszug und damit eine Verlagerung der Technik teuer und übersteigt meist die Mietzahlungen. Dies lässt sich leicht am Vergleich der Mieten für verschiedene Betreibermodelle festmachen. Die reine Miete des Gebäudes liegt wie für Industrieimmobilien typisch „nur“ zwischen € 2 - 6 je m²; wird die rechenzentrumsspezifische Technik mit berücksichtigt können die Kosten bei € 100  je m² oder mehr liegen, je nach Betreibermodell. Die Standortgebundenheit des Mieters ist damit fast wie bei keinem anderen Immobilienprodukt als hoch anzusehen. Sofern die Bonität des Mieters stimmt, kann auf einen sichern Cash Flow für einen langen Zeitraum gesetzt werden. Schwieriger wird es mit der Drittverwendungsfähigkeit der Immobilie. Sollte der Mieter einmal ausziehen, müssen umfangreiche Investitionen in die Immobilie getätigt werden, um sie für neue Mieter und deren Anforderungen attraktiv zu machen. Davor schrecken Investoren oft zurück, zumal die Kosten schwer kalkulierbar sind.


Alles in allem handelt es sich bei Rechenzentren um ein spezialisiertes Immobilien-Anlageprodukt mit vielen Besonderheiten. Wer diese gut kennt, kann sicherlich an der Wachstumsstory der TechBranche partizipieren.


[1] https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Markt-fuer-Cloud-Computing-waechst-ungebrochen.html

[2] http://de.statista.com/statistik/daten/studie/216291/umfrage/laenderranking-der-weltweiten-investitionen-in-rechenzentren/

[3] http://de.statista.com/statistik/daten/studie/419785/umfrage/prognose-der-investitionen-in-rechenzentren-in-westeuropa/

[4] Swedish Trade & Invest Council

[5] http://t3n.de/news/sieht-facebooks-neuestem-473134/

[6] http://www.heise.de/ix/meldung/Westliche-Laender-haben-beim-Datenschutz-die-Nase-vorn-2169187.html

[7] http://www.salzland-journal.de/1219/ueber-100-millionen-fuer-ueber-100-neue-dauerarbeitskraefte/

[8] Global Switch: Das ideale Gebäude für Data Center aus Sicht eines Betreibers P. 7

[9] http://www.welt.de/wirtschaft/webwelt/article137744880/Apple-baut-sich-eine-eigene-Datenwolke-fuer-Europa.html

[10] http://investsnips.com/digital-realty-trust-inc-dlr/ finanzen.net