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Machine Learning und Künstliche Intelligenz im Dienst des Asset Managements
Von Maurice Grassau, | CEO einer der beiden Gründer der Architrave GmbH

 

Welche Perspektiven eröffnen sich durch Machine Learning im Asset Management und wo können Unternehmen schon heute ihre Prozesse durch intelligentes Daten- und Dokumentenmanagement optimieren? Eine interessante Fragestellung angesichts „gedeckelter Fees“ für das Set-Up neuer Mandate und Basisleistungen im Asset Management.

 

Bekanntlich zählen etwa die Projektplanung, -steuerung, das Reporting oder auch die Bestandsmieterbetreuung zu den Basisleistungen im Asset Management. Der Asset Manager ist darüber hinaus maßgeblich für die Ertrags- und Kostenoptimierung der Immobilien zuständig. Neben dem Immobilienmanagement fallen damit auch das Dokumenten- und Datenmanagement, sowie die Datensicherheit in seine Zuständigkeit. Eine Leistung, die mehr wertvolle Ressourcen schluckt als viele meinen.

 

Ein Rechenbeispiel: Im Schnitt produziert eine Immobilie pro Tag etwa vierzig Dokumente. Bei 500 verwalteten Assets werden daraus gigantische 20.000 Dokumente. Pro Tag wohlgemerkt! Ganz zu schweigen vom Set-Up-Prozess, bei dem die Ordner im LKW anrollen. Leicht vorzustellen, dass das Sichten, Scannen und die Integration der Dokumente in eigene Systeme sehr zeitaufwendig ist. Statt sich mit den Objekten vertraut zu machen und diese zu analysieren, sind qualifizierte Mitarbeiter erst einmal damit beschäftigt, die Daten und Dokumente in die eigenen Systeme zu integrieren.

 

Performancesteigerung durch intelligentes Dokumenten- und Datenmanagement

Häufig genug sind diese Dokumentenmassen noch chaotisch abgelegt und durchsetzt mit Duplikaten und irrelevanten Dokumenten. Hier hilft Machine Learning schon heute, Dokumente zu erkennen und zu klassifizieren. Der Mietvertrag wird als Mietvertrag erkannt, das Wartungsprotokoll als Wartungsprotokoll. Mit Methoden des Supervised Learning erzielt die Datenraumlösung Architrave mittlerweile ein hohe Trefferquote von mehr als 90%. Die erfolgreiche Klassifizierung hat eine Menge weiterer Vorteile. Eine Maschine, die Dokumente automatisch erkennt und kategorisiert, kann diese Dokumente in weiteren automatischen Arbeitsschritten auch selbständig benennen, datieren, an die richtige Stelle in der Ablagestruktur sortieren und die Nutzer auf Lücken und Redundanzen hinweisen. Und das an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr – bei minimaler Fehlerquote. Moderne Datenraumsysteme legen alle Dokumente einer Immobilie auf einer zentralen Plattform ab. Auf dieser lassen sich die Daten wiederum bearbeiten, öffnen und versionieren. Sie stehen damit allen Stakeholdern

und externen Dienstleistern in der aktuellen Version zur Verfügung.

 

Wie aus Dokumenten Daten werden

Weitaus komplexer als die Klassifizierung von Dokumenten gestaltet sich die Inhaltsextraktion. Natürlich ist es äußerst reizvoll, die Fülle von Daten aus Dokumenten auch digital vorliegen zu haben und auswerten zu können. Zum Beispiel für Reportings, die unterschiedliche Stakeholder kurzfristig anfordern. In der Praxis sieht es häufig noch so aus, dass die Daten aus Excel-Tabellen und vielen anderen unterschiedlichen Quellen zusammengestellt werden. Beim Übertragen der Daten schleichen sich leicht Fehler ein. Intelligente Datenraumlösungen bilden die Daten einer Immobilie schon heute auf einer zentralen Plattform ab. Die Daten werden dabei systemunabhängig aus allen gängigen Vorsystemen übernommen. Wichtige Standortfaktoren, Mieterlisten und spezielle Reportings stehen dem Asset Manager auf einen Blick zur Verfügung.

 

Die Qualität von Mietverträgen und Schnelligkeit im Transaktionsprozess

In der Haltedauer stellen bestehende Mietverträge die Erträge aus der Immobilie sicher, währenddessen wirkt sich ihre Qualität mitunter deutlich auf den erzielbaren Verkaufspreis der Immobilie aus. Deshalb stellt das Vertragsmanagement eine der wichtigsten Aufgaben des Asset Managers dar. Gut, wenn dieser auf ein System zugreift, das ihm verlässlich Mietvertragslaufzeiten und Konditionen anzeigt, so dass er mit Mietern eine frühzeitige Verlängerung der Verträge verhandeln kann. Im Transaktionsprozess spielt Asset Managern die Schnelligkeit in die Hände, mit der sie die Daten vollständig in einen Datenraum transferieren können. Deshalb macht es Sinn, einen Datenraum von Beginn an als Bestandsdatenraum einzusetzen, um ihn bei Bedarf per Knopfdruck in einen Transaktionsraum umzuwandeln. Denn die Transaktion ist ja nur ein Teilprozess im Managementzyklus einer Immobilie.

 

Worin unterscheiden sich Künstliche Intelligenz (KI) und Machine Learning

 

„Machine Learning“ bzw. „Künstliche Intelligenz“ werden bei der Digitalisierung in der Immobilienwirtschaft bereits vielfach eingesetzt und diskutiert. Daher sollen diese Begriffe hier einmal erklärt werden: Künstliche Intelligenz (engl. Artificial Intelligence, AI) wird als Teilgebiet der Informatik verstanden. Da „Intelligenz“ keiner eindeutigen Definition folgt, versteht man hierunter in der Regel den Versuch, die menschliche Intelligenz so gut wie möglich nachzubilden.

 

In Abgrenzung dazu kann Machine Learning als Methode zur Erreichung von Künstlicher Intelligenz verstanden werden. Das Begriffspaar „Maschinelles Lernen“ beschreibt den Vorgang recht gut. Eine Maschine lernt. Das heißt, sie generiert Wissen aus Erfahrung. Dabei werden jedoch nicht nur Beispieldaten und Regeln erlernt (programmiert). Die Maschine soll vielmehr in die Lage versetzt werden, Muster und Gesetzmäßigkeiten selbständig zu erkennen, um im nächsten Schritt neue, unbekannte Daten zu beurteilen. Im Hintergrund arbeiten daran die sog. Algorithmen – systematische und logische Regeln, die die Basis der Berechnungen/Beurteilungen bilden.

 

Supervised vs. Unsupervised learning Im Allgemeinen wird zwischen zwei Arten maschinellen Lernens unterschieden: überwachtes Lernen (Supervised Learning) und unüberwachtes Lernen (Unsupervised Learning).

Während es bei Supervised Learning konkret darum geht, gelerntes Wissen auf neue Daten anzuwenden (zu generalisieren), ist das Ziel bei Unsupervised Learning, versteckte Strukturen in umfangreichen und/oder unübersichtlichen Daten zu entdecken. Beim Supervised Learning wird die Maschine mit bekannten Daten und Gesetzmäßigkeiten „gefüttert“, um ebenfalls bekannte, richtige Antworten zu finden. Klassische Anwendungsbeispiele sind die Handschrifterkennung („Sortiere neue Zeichen in die definierten Kategorien!“) oder Spam-Filter. Beim Unsupervised Learning handelt es sich um das allgemeine Verstehen der vorliegenden Daten („Erkenne die Strukturen!“). Das System selbst bildet Kategorien und bietet Aussagen/Lösungen an. So werden in riesigen Datensätzen Strukturen erkannt und Gruppierungen gebildet, die dem menschlichen Auge aufgrund ihrer Komplexität eher verborgen geblieben wären.